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6. Mai 2016 5 06 /05 /Mai /2016 16:45

„Wohl hundertmal schlägt das Wetter um, das ist des Aprils Privilegium“, lautet eine Bauernweisheit. Da passt es doch, wenn die vorgestellten Platten hier im Sammelsurium ähnlich breit gefächert sind und unter anderem Rock von Childrenn, Reggae von Elijah und Rap von Texta enthalten.

Childrenn – Animale

Cover zu Animale von ChildrennChildrenn aus Dänemark sind in ihrer Heimat so eine Art Rock-Supergruppe. Gitarrist Jakob Brixen von Hymns from Nineveh übernimmt den Gesang, der Bassist Jakob Jorgensen stammt von Psyched Up Janis, Gitarrist und Keyboarder Manoj Ramdas kommt von The Good The Bad und The Raveonettes und Rune Nugge Kristensen beziehungsweise Anders Gron sitzt am Schlagzeug, das er sonst wohl auch schon mal für Powersolo bearbeitet (hat).

Eröffnet wird das Ganze gleich mit einer Bildsprache in den Lyrics zu ’Handcuffed’, die böses ahnen lässt: Waffe in der Hand, Feinde im Schulterblick zu sehen, aneinander gekettet mit Handschellen. Im Video dazu wird auch direkt ein Loch geschaufelt. Was mag das bedeuten? Mit fast vier Minuten Spielzeit ist das übrigens der kürzeste Song, denn sonst lassen sich die Herren gerne Zeit für ausgedehnte Solos. Dass der cool groovende Titeltrack allerdings über acht Minuten läuft, liegt daran, dass er etwa nach drei Vierteln direkt in die elektronisch flirrenden ’Neural Oscillations’ übergeht. Am Ende wird dann noch bei ’Dancing On The Ashes’ dazu eingeladen, ums Feuer zu tanzen. Macht euch also darauf gefasst, dass Childrenn diesen Sommer alles niederfackeln!

Album seit 8. April 2016 erhältlich. Mehr Infos: facebook.com/CHILDRENNtheband/

Elijah – Eat Ripe Fruit

Cover zu Eat Ripe Fruit

Bei seinem 2007 veröffentlichten Debütalbum ’Beweg Di’ war der Schweizer Reggae-Sänger Elijah erst 21 Jahre alt, gewann damit aber gleich im folgenden Jahr den ’European Reggae Contest’ in Italien. 2010 folgte die Single ’Do Good In Life’. Doch der dazugehörende Zweitling ließ ein paar Jahre auf sich warten. In dieser Zeit reifte und reiste Elijah fleißig weiter auf den Spuren der jamaikanischen Musik. Erst im März 2013 wurde ein Video zur Single gedreht und ein neues Album zusammengestellt. Nachdem dann ’Eat Ripe Fruit’ schließlich 2014 auf seinem eigenen Label ’One Camp’ das Licht der Welt erblickte und es in seiner Heimat bis auf Platz 21 schaffte, wird das Ganze nun noch einmal größer in Kombination mit einer Dub-Version des Albums als Special Edition unters Volk gebracht. Wer sich einen ersten Eindruck davon verschaffen will, kann sich einen etwa achtminütigen Megamix unter https://soundcloud.com/elijahch/eat-ripe-fruit-special-edition-megamix als Free Download besorgen.

Auch zu ’Gun Cry’ mit der wunderbaren Terry Lynn wurde bereits im Juni 2014 ein (Live-)Video raus gebracht. im August 2015 folgte zu ’Love Is In Danger’ mit den westafrikanischen Künstlern Big Zay und Baye Bass aus dem Senegal ein weiterer Clip. Ein weiteres Schmankerl ist ’Granit’, bei dem Elijah ungewöhnlich hoch singt und das noch mal als Dub-Track mit Raging Fyah aufgenommen wurde. Der Schweizer Songtext wurde dabei fürs Booklet übersetzt und wie auch alle anderen Lyrics abgedruckt. Bei soviel Herzblut bleibt nur zu wünschen, dass das nächste Album nicht wieder so lange bis zur Veröffentlichung braucht.

Album seit 8. April 2016 erhältlich. Mehr Infos: www.elijah.ch

Tue Track vz. PowerSolo – The Unreal Zound

Cover zu The Unreal ZoundSchon vor Jahren hatte die dänische Rockband PowerSolo die Idee, mal mit einem HipHopper zusammenzuarbeiten. Dass sie für alle möglichen Experimente zu haben sind, zeigte sich unter anderem schon in dem Nebenprojekt Kim & The Cinders (Kritik dazu hier). Als sie 2014 ihr sechstes Studioalbum ’The Real Sound’ veröffentlichten, kam nun endlich Bewegung in die angedachte Remix-Sache. Tue Track von der dänischen HipHop-Crew Malk de Koijn (die 2011 einen Nummer-1-Hit in ihrer Heimat hatte) wurde verpflichtet, das Ganze durch den Fleischwolf zu drehen. Einzige Bedingung: Die Samples für seine Produktionen sollten natürlich ausschließlich von Powersolo kommen. Das Ergebnis überraschte dann aber auch seine Auftraggeber, die nicht damit gerechnet hatten, dass Tue Track damit zum Teil völlig neue Sachen erschaffen würde.

’Zalty Lick’ lädt zum Beispiel plötzlich zum Breakdancing ein, während ’Dez Filles’ weiterhin mit französischen Lyrics und verführerischen Sound auf Schmusekurs geht. Spannend ist dabei natürlich noch, wie sich alle nach der Produktion das erste Mal trafen, um über den für beide Parteien ungewöhnlichen Arbeitsprozess zu reden (siehe ’The Official Movie’ weiter unten). Nicht zu allen Liedern hat Tue Track neue Interpretationen geschaffen. Dafür beruhen zwei Stücke auf Originalen, die vom Vorgängeralbum ’Buzz Human’ stammen. Neben ’Teachz You Fun’ ist das noch ’Azid Orchid’, bei dem Celina Ozymandias singt. Herausgekommen ist dabei laut eigener Aussage auf dem Cover „the hippest Hop Rock record ever minced“. Word!

Album seit 15. April 2016 erhältlich. Mehr Infos: www.powersolo.dk/

Texta – Nichts dagegen, aber

Cover zu Texta 2016Texta sind zurück! Und auch wenn ’Grotesk’ schon fünf Jahre alt ist, waren Laima, Huckey, Flip und DJ Dan nicht untätig: Best-Of-Album ’XX’ 2013, zudem zwei Theater-Produktionen und dann letztes Jahr das Kollabo-Album ’#hmlr’ mit dem Topf als TNT (Kritik hier). Die Kollegen von Blumentopf werden auf ’Nichts dagegen, aber’ auch in ’Alpenraps’ und 'Dieser Track' erwähnt (Berlusconi, Bunga Bunga./ Visionen sind verschwunden wie der Zopf von Holunder). Ansonsten steht alles im Zeichen Österreichs, wobei sich die Gruppe durchaus ziemlich kritisch mit ihrer Heimat auseinander setzt. Das Cover wurde vom Karikaturisten Gerhard Haderer in Szene gesetzt. Bis auf ’Nix aus Prinzip’, das Konstantin Diggn produziert hat, stammen alle anderen Instrumentals von Flip. Einzige Gäste sind die Indie-Rock-Band Kreisky aus Wien, die bei ’Austrian Psychos’ mitwirkt, sowie der Bassist Stephan Kondert, mit dem Flip bei der Jazz-Band SK Invitational arbeitete, bei ’Butter vom Brot’ und ’Ois Ok Mama’. Zu diesem Stück, bei dem mir ein bisschen 'Halt dein Kind hoch' von Roger Rekless in den Sinn kommt, gibt es auch ein Video.

Als Bonus gibt es noch die Doku-DVD ’Texta In & Out’, bei der unter anderem auch Skero über seinen Ausstieg spricht. Es gibt zudem Live-Mitschnitte, Einblicke in die Gefühlswelten der einzelnen Mitglieder und einige Lyrics in ungewohnter Weise zu hören, da sie quasi wie Gedichte vorgelesen werden. Das Zitat aus ’Morgengrauen’ lautet am Schluss: „Die Party ist aus, wenn der DJ die Platten verstaut./ Die Sonne geht auf. Schon bald folgt der Kater dem Rausch.“

Nichts dagegen, aber auch schön zu sehen, dass die Party für Texta noch lange nicht vorbei ist und sie berauscht weitermachen. Und wer Lust hat, noch tiefer in ihre Welt einzutauchen, bekommt hier noch ein paar Tipps.

Wusstest du schon, dass …

  • … DJ Rabauke 1999 für die Compilation 'Deiner Tracks' das Instrumental zu 'Fragestunde' von Texta mit 'Kabeljau Inferno' von Deichkind in einem Mash-Up zusammenbrachte?
  • … Texta im Jahr 2000 mit 'Toi, toi, toi' auf der Track-Selection 'Dancehallfieber' vertreten waren?
  • … das Berliner HipHop-Duo Dejavue 2001 einen Remix zu ihrem Stück 'Film ab' auf dem Sampler 'Decks'n'Mics 2' veröffentlichte, bei dem Huckey über den Beat von Krutsch mitrappte?

Album seit 29. April 2016 erhältlich. Mehr Infos: www.texta.at

 

Als kleiner Bonus wie oben angekündigt ist hier die Doku über 'The Unreal Zound'!

Wenn ein HipHopper ein paar Rocker trifft, ist das hier nicht nur im Platten-Sammelsurium das normalste der Welt. Hier ist 'The Official Movie' darüber, wie Tue Track den Herren von PowerSolo zeigt, was er mit ihrem Input für einen Output fabriziert hat:

 

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27. Februar 2015 5 27 /02 /Februar /2015 09:04

„Historische Momente legendärer Reimer“ feiert Blumentopf-Rapper Holunder im Titelstück '#hmlr' wie Tegernseer oder Käsekrainer – Classic Material halt. Zusammen mit seiner Topf-Crew und dem Rap-Quartett Texta aus Linz geht nun als TNT ein Neuner-Gespann wie der Wu-Tang Clan an den Start. Und zeigt dann mal locker, dass auch nach gut zwei Jahrzehnten im Musikgeschäft der Biss noch lange nicht verloren gegangen sein muss.

Cover von #hmlr1992 war es, als Holunder, Schu, Roger, Cajus und Sepalot ihre HipHop-Gruppe Blumentopf gründeten. Ein Jahr später gingen dann Texta mit ungefähr gleicher Besetzung an den Start, nämlich mit vier MCs und einem DJ. Rapper Skero ist inzwischen vor zwei Jahren ausgestiegen, aber Huckey, Laima, Flip und DJ Dan denken noch lange nicht ans Aufhören.

1998 gingen alle zehn Mann gemeinsam auf Tour – und begannen danach auch, sich weiter musikalisch auszutauschen. So waren 1999 zum Beispiel Cajus und Flip im 'Bermuda Dreieck' mit Total Chaos verschwunden und Holunder war auf dem Album 'Gegenüber' zu hören. Außerdem remixten im selben Jahr Texta die Single 'Was der Handel?' für den Topf. Dabei lieferten sie mit ihrem Chorus erst die Erklärung, dass hinter dem etwas seltsamen Songnamen eine Slangübersetzung steckt: „Sind die Karten nicht gezinkt, gilt für beide gleiches Risko – What's the deal, yo?“

Herrliche Musik leidenschaftlicher Rundendreher

Es folgten weitere Stücke hier und da, die gemeinsame 'Kaleidoskop'-EP 2001 und eine die Zeiten scheinbar mühelos überdauernde Freundschaft. Da mag es fast eher überraschen, dass erst jetzt ein ganzes Kollabo-Album folgt. Aber was am Ende zählt, ist ja nur das Ergebnis. Und das kann sich hören lassen.

Produziert hat das Ganze überwiegend Flip. Sepalot scheint dagegen zu sehr mit der Arbeit für Jesper Munk und an seinen eigenen Solowerken beschäftigt gewesen zu sein, für die der Track 'These Tears' letzten Monat einen ersten Vorgeschmack lieferte. So stammen nur ein feines Interlude namens 'Das Eine' und die Musik für das Storytelling bei 'Schnappschuss' von ihm. Hinzu kommen das etwas düstere Interlude 'Text Vs. Autor' von Cajus und das kräftig rollende 'Befehlskette' von Roger.

Hintergründige Meinungen liebenswerter Rudeltiere

Als Singles beziehungsweise Videos wurden allerdings erst einmal 'Silberbesteck' und das 'TNT Anthem' unter der Regie von Matthias Edlinger ausgekoppelt. Bei dem zuletzt genannten Song mit Dancehall-Sänger Kinetical aus Linz kommentiert Schu übrigens in seiner Strophe einen Titel von Fler, der 2014 für Diskussionen sorgte: „Zu viele stabile Deutsche und gefährliche Schläger – heben ihren rechten Arm. Wir ... wir heben die Gläser./ Und malen ihre Welt an, HipHop ist bunt – guck, selbst die Samples haben fast alle Migrationshintergrund.“

Noch ein Beispiel gefällig, was in den Songtexten behandelt wird? Im relaxt groovenden 'Parkbankphilosophie' nimmt sich Roger, bevor er die zweite Strophe Flip überlässt, gleich zu Beginn in seinen Lyrics alltägliche Widersprüche vor: „Sogar mit dem Aufhören muss man anfangen, das Leben ist ein Hamsterrad./ Ich bin gegen Krieg, aber will Panzer fahren.“

Hochproduktive Macher lassen runterladen

Scheinbar passend dazu haben die Herren 'Schweres Geschütz' aufgefahren beziehungsweise -genommen, in dem sie mit Begriffen rund um Gewalt und Krieg um sich ballern. Da sind bei Schu selbst die Unterhosen aus Camouflage und den Wodka trinkt er aus Panzer-Glas.

Das bei soviel Input auch noch mehr Output übrig bleibt, ist fast klar. Deswegen wurde noch eine Kollabo von Schu und Flip unter https://soundcloud.com/floschuster/tnt-gebt-mir-ein-prod-by-flip als Free Download veröffentlicht. Da ist die Aufforderung im Refrain mehr als gerechtfertigt: „Ich will nicht mehr als von allen ein … Yeah!“

Fazit: 2 DJs, 7 MCs, 19 Tracks – bei '#hmlr' geht die Rechnung problemlos auf. Für alle Rap-Fans, die sich vor allem über durchdachte Reime, gut geerdete Beats und klassische Stilelemente wie Samples und Scratches freuen, liefern TNT mit diesen Variablen in ihrer Gleichung ein sehr stimmiges Album als Ergebnis.

Mehr Infos unter: http://www.blumentopf.com

Album seit 20. Februar 2015 erhältlich.

Das könnte dazu passen:
Sepalot – These Tears (Single, Januar 2015)
Blumentopf – Nieder mit der GbR

TNT live und in Farbe 2015: 05.03. Wien – Arena *** 06.03. St. Pölten – Warehouse *** 07.03. Linz – Posthof *** 12.03. Graz – PPC *** 13.03. Innsbruck – Music Hall *** 14.03. Salzburg – Rockhouse *** 15.03. Dornbirn – Conrad Sohm *** 26.03. Stuttgart – Waagenhalle *** 27.03. Lindau – Club Vaudeville *** 28.03. Heidelberg – Karlstorbhf *** 02.04. Berlin – SO36 *** 03.04. Hamburg – Mojo *** 04.04. Münster – Skaters Palace *** 05.04. Pfarrkirchen – Bogaloo *** 08.04. Köln – Essigfabrik *** 09.04. Erlangen – E-Werk *** 10.04. München – Technicum

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