Bei der neuen Veröffentlichung von Autor Max Goldt handelt es sich im Grunde um eine alte. 'Chefinnen in bodenlangen Jeansröcken' ist nämlich eine Zusammenstellung einiger Büchlein, die bisher allerdings nur in stark limitierten Auflagen von gerade mal 600 bis 3000 Exemplaren erhältlich waren.
Da ist es natürlich eine feine Sache, dass diese liebevolle 'Fotokopie (»Faksimile«) vierer typografischer Sammlerstücke' angefertigt wurde. Gestaltet wurden die Originale von Martin Z. Schröder, der nun auch diese gemeinsame Ausgabe inszeniert hat.
Zum Geleit erklärt er in seinem Vorwort 'Komischer Bleisatz' unter anderem, was die Zusammenarbeit von anderen Veröffentlichungen unterscheidet (ein Tipp, es ist nicht die Verwendung der alten Rechtschreibung mit 'ß'): „Interpretation war nie eine typografische Aufgabe. Neu an unseren Büchern aber ist nicht nur, daß der Autor dem Typografen die Auslegung seiner Texte überläßt. Es gibt außer den Versuchen im Dadaismus auch selten Komik mit typografischen Mitteln; das bekannteste Beispiel deutscher Sprache ist sicherlich »Fisches Nachtgesang« von Christian Morgenstern, das allerdings abgesehen vom Titel ohne Buchstaben auskommt [...].“
Ein weiterer wichtiger Hinweis ist derjenige, dass Max Goldt extra für die typografische Interpretation durch Martin Z. Schröder Texte verfasst hat. Wobei einige dann doch auch an anderer Stelle erschienen sind, wie die im Untertitel als 'A minor story of major horror' beschriebene Geschichte 'Die Elfjährige, die in der Achterbahn ein Kind ohne Knochen gebar'. Sie ist genauso wie die Sexualgroteske 'Penisg'schichterln aus dem Hotel Mama' in der Textsammlung 'Die Chefin verzichtet' zu finden.
Eine Spirale der Gestalt
Wie die Stories allerdings durch das Setzen der Schrift inszeniert werden, ist aber schon was Besonderes und gibt ihnen teilweise neue Interpretationsmöglichkeiten. Wer kennt das nicht: GROSSSCHREIBEN wird zum Beispiel oft als Schreien empfunden. Die auf einer Seite gestellte, titelgebende Frage („Was halten wir eigentlich von Chefinnen in bodenlangen Jeansröcken?????“) kann durch ein paar kleine Satzzeichen ganz anders klingen: „Was halten wir eigentlich von 'Chefinnen in bodenlangen Jeansröcken'?“ Also mir gefällt's!
Hier und da kommt auch schon mal das Offensichtliche durch, wenn ein Text über gefüllte Tomaten rot gesetzt wird. Seine rechteckige Anordnung wird dafür schön kontrastiert mit dem dazu hinführenden, rund und eher bräunlich angelegten 'Gespräch über Hummeln' auf der gegenüberliegenden Seite. Eine schöne Komposition, das.
Als kleinen Bonus gegenüber den Originalveröffentlichungen gibt es zum Teil auch noch Kommentare dazu am Rand. So soll Max Goldt verboten haben, dass jemals wieder ein Satz spiralförmig gesetzt wird. Zur Begründung heißt es: „Ihm werde davon übel.“
Okay, wenn das die einzige Kritik ist, kann das Buch durchaus empfohlen werden.
Fazit:
O,
ES
IST
DOCH
RECHT
LUSTIG,
WÖRTER
GRAFISCH
ANZULEGEN
!!!
!!!
Buch seit 26. September 2014 im Handel erhältlich.
Mehr Informationen unter: http://www.rowohlt.de/autor/Max_Goldt.7041.html
Das könnte dazu passen:
Max Goldt – Bericht zur Lesung vom 27. März 2014
Christian Morgenstern – Alle Galgenlieder
Max Goldt live und in Farbe im Oktober 2014: 08.10. Ulm – Roxy *** 09.10. Reutlingen – Franz.K *** 10.10. Krumbach – Stadtsaal *** 11.10. Schorndorf – Manufaktur *** 14.10. Osnabrück – Lagerhalle *** 15.10. Göttingen – Aula der Alten Universität (Göttinger Literaturherbst) > Weitere Termine bis April 2015 hier: http://www.tomprodukt.de/tourplan/aktuell/max-goldt#max-goldt